Mauretanien, Tag 2-1: Nouadhibou
Die Nacht ist kurz. Sie ist sehr kurz. Kaum ist Kiboko eingeschlafen, piept der Wecker. Schlaftrunken starten wir zur ersten Sehenswürdigkeit - den Schiffsfriedhof von Nouadhibou. Hier wollen wir bei Sonnenaufgang fotografieren.
Fischerei
Mauretanien ist keine traditionelle Fischfangnation. Mangels Holz gab es keine hochseetauglichen Boote. Der Fischreichtum an der Küste war außer Reichweite. Spanische Fischer von den Kanaren haben die Fische gefangen. Die lange Halbinsel Nas Nouadhibou bietet einen natürlichen Hafen. Spanische Fischer suchten hier Schutz. Nach der Unabhängigkeit von Mauretanien durften die Spanier hier weiter fischen. Jedoch musste der Fang in Nouadhibou verarbeitet werden. Es entstand eine große Fischfabrik. Der von den Spaniern gefangene Fisch wurde hier gesalzen, gefroren oder in einen Blechmantel verpackt. Das schaffte Arbeitsplätze. Nouadhibou wuchs zur zweitgrößten Stadt in Mauretanien.
1979 wurde die Fischerei in Mauretanien nationalisiert. Da war aber das Meer bereits überfischt. Durch Missmanagement und geringe Einnahmen wurde zu wenig investiert. Viele Fischtrawler aus der Zeit von 1955 bis 1980 waren nicht mehr einsatzfähig. Es gab kein Geld für Unterhalt und Reparaturen. Die stolze Fischfangflotte rostete in der Bucht ihrem Ende entgegen. Einige Boote waren noch bewohnt, um kostbare Geräte wie Funk und Radar vor Diebstahl zu schützen.
Schiffsfriedhof
Über 100 ausgemusterte Fischtrawler schwammen in der Bucht. Um die 20 Boote waren schon gesunken. Teilweise schauten nur noch die Masten aus dem Wasser. Betriebsstoffe verschmutzen das Wasser. Rund um Nouadhibou wurden auch mehrere Frachter an die Küste gespült.
Die Situation wurde untragbar. Eine französische Firma sollte die Schiffe verschrotten. Das scheiterte aber am Widerstand der Schiffseigner.
Mit EU Fördermitteln in Millionenhöhe wurden die Schrottschiffe gekauft. In der Cansado Bucht werden die Schiffe abgewrackt. Wir wollen zum Sonnenaufgang an den Strand der Cansado Bucht fahren.
Cansado Bucht
In der Morgendämmerung erreichen wir den Strand an der Cansado Bucht. Die Stadt schläft noch. Kiboko schläft auch noch. Die Nacht war einfach viel zu kurz. Verrostete Fischerboote dümpeln im Morgenlicht.
Am Ufer liegt ein halbzerlegtes Schiff. Der verrostete Rumpf ragt aus den Fluten. Der Strand ist komplett vermüllt. Millionen von Plastikflaschen haben es sich auf dem Strand gemütlich gemacht. Es ist eine Harmonie aus Eisenoxid und polymerisierte Kettenkohlenwasserstoffen.
Sonnenaufgang
Dann erhebt sich die Sonne über den Horizont. Sie taucht den Strand in ein orangenes Licht. Die Silhouetten der Schrottschiffe sorgen für einen stimmungsvollen Morgen. Die Siniya6 zeigt sich in ihrer ganzen Schönheit.
Im Gegenlicht der Morgensonne leuchten die sorgsam am Strand drapierten Plastikflaschen. So schön kann ein Strandspaziergang sein.
Strandgut
Am Strand geht Kiboko auf Schatzsuche. Mauretanien ist ein muslimisches Land. Alkoholische Getränke gibt es nur in zwei besonders lizensierten Restaurants. Daher ist eine Büchse Wuld Pilsener ein besonderer Schatz. Das Quality Premium Bier hat eine rostige Salznote. Neben einzelnen Dosen sind auch ganze Paletten am Strand verteilt.
Das Abendessen ist auch gesichert. Der frische Fisch braucht nur noch aufgesammelt zu werden. Am Strand liegen tausende Fische. Zur salzigen Meeresbrise liegt noch den dezenten Duft der Verwesung in der Luft. Es ist ein Strandspaziergang für alle Sinne.
Die Möwen und Seeschwalben mögen keine verwesenden Fische. Das Bier haben sie auch nicht angerührt. Sie fliegen davon, ohne die Schätze am Strand zu würdigen.